Anreise nach Linz
Mit dem Intercity von Wien West komme ich um 12:30 in Linz an. Dort lerne ich gleich Bojken aus Albanien kennen, der für den Linz- und Wien-Halbmarathon nach Österreich gefahren ist. Gemeinsam spazieren wir zur TipsArena auf der Gugl, holen dort unsere Startnummern ab und schauen uns bei den Standln etwas um. Dort werde ich von einem Schuh am Sport Eybl-Stand gnadenlos in Versuchung geführt...
Ein Saucony Kinvara... "Mein" Schuh... Lächel mich nicht so an!!
Bojken und ich essen ein spätes Mittagessen bei der Pastaparty. Um €6 gibt es ausgezeichnete Vollkorn-Dralli mit Spaghetti Bolognese. Der Teller ist randvoll, aber mit Erstaunen stelle ich fest, dass alles in meinem Magen bequem Platz findet. Nach diesem ausgezeichneten Essen sehen wir uns im Stadion die Junior-Wettbewerbe an. Bald meldet sich mein Mensa SIGHT-Host Roger am Telefon. Nach Initialschwierigkeiten (sein Auto wäre fast abgeschleppt worden!) treffen wir uns auf einem legalen Parkplatz außerhalb der Gugl und fahren zur nicht weit entfernten Unterkunft. Dort mache ich Bekanntschaft mit der Großfamilie Eberle :), einer Katze und zwei Hasen. Nach dem Einchecken zeigt mir Roger auf einem Spaziergang den Startpunkt des Laufes, die Tabakfabrik, das Finish usw. Die Zeit vergeht wie im Flug bei einem Spiel Trivial Pursuit und anschließendem Cocktailtrinken in einer gemütlichen Linzer Bar.
Links: antialkoholischer Gurke-Kiwi-Dill Drink für mich. Mitte: Pina Colada. Rechts: Erdbeer Colada. Hinten: Ein Freund der Gastfamilie, Herfried
Der Rennmorgen
Ich habe sehr gut geschlafen, obwohl ich um 3:15 das erste Mal wach wurde. Kurz vor sechs Uhr stehe ich auf und esse Banane-Schoko-Porridge zum Frühstück. Danach lege ich mich noch einmal eine Stunde hin, bevor ich mich für das Rennen vorbereite. Startnummer montieren, Powergels aufschneiden, ...das übliche Prozedere. Gegen 8 Uhr 30 gehe ich mit Frühaufsteher Roger gemeinsam Richtung Voest-Autobahnbrücke (einfach den vielen Läufern hinterher). Unterwegs sehen wir die Skater und Rollstuhlfahrer, die früher starten. Auf der Autobahnbrücke angekommen, macht sich bei mir langsam die Nervosität breit. Ich gehe vor dem Rennen noch schnell aufs WC, die Warteschlange ist kürzer als erwartet. Dann verabschiede ich mich von Roger und finde mich beim 4:15 Pacemaker, Paul, ein. Kurz vor dem Start hören wir die offizielle Linz Marathon-Hymne, bei der ich beim Hören schmunzeln muss. Den ganzen vorigen Tag war ich mir nicht sicher, ob ich mit Pacemaker rennen soll oder nicht. Ein Mantra ist ja "Keine Experimente beim Marathon!" Doch Trainer Alex gab mir den Tipp mit dem Pacemaker. Da meine anaerobe Schwelle im Dezember bei 5:48 min/km lag, war ich optimistisch und ging davon aus, dass ich rein theoretisch einen 6er Pace über die gesamte Marathondistanz durchhalten müsste.
Das Rennen
...Dachte ich zumindest bis km 13. Die Wetterbedingungen waren ideal: bewölkt, kühl, wenig Wind. Ich starte neben Pacemaker Paul, der ein herrlich konstantes Tempo draufhat und jeden Kilometer präzise wie ein Uhrwerk in 6 Minuten +/- 5 Sekunden läuft. Ich bin so begeistert, dass ich beschließe, dass ich ab jetzt immer mit einem Pacemaker rennen möchte. So weit, so gut. Bei km 10 feuert mich Fam. Eberle an.
Kilometer 10: Topmotiviert neben Pacemaker Paul (links im gelben Laufshirt)
Bei km 13 merke ich, wie der 6er-Pace für mich langsam zacher wird und mein Puls allmählich ordentlich in die Höhe schnellt. Einen HM hätte ich locker in dem Tempo durchlaufen können... aber halt nicht zwei. Ich falle also zurück. Ich merke, dass mein Körper den 6er-Pace über die volle Distanz doch nicht halten kann. Bei km 18 falle ich sogar noch hinter den 4:30er Pacemaker zurück. Da ich das Rennen zu schnell angegangen bin, bin ich brutal eingebrochen - wobei das nicht ein bestimmter Moment war, sondern sich über viele Kilometer hingezogen hat. Der erste Halbmarathon war in 2:12:26 voll in Ordnung, aber leider konnte ich das Tempo nicht halten. Paul hat mich später noch einmal angespornt (danke Paul!).
Irgendwo um km 28 herum war mir ziemlich schlecht bis übel - wohl wissend, dass es das Laktat war, habe ich es einfach ignoriert. Speziell ab km 30, wo man in den Wasserwald hinaus läuft (quasi die "Linzer Prater Hauptallee"), wollten die Kilometer nicht und nicht kommen. Ich habe bei jeder Labe getrunken. Powergels habe ich in etwa ab km 10 gegessen, aber nicht alles auf einmal, sondern zizerlweise, recht kontinuierlich verteilt, immer, wenn ich Hunger hatte. Das war ein recht gutes System. Bei einer der letzten Laben habe ich dann noch eine Banane genommen, die Powergels allein waren dann doch zu wenig.
Ich war speziell ab dem zweiten Halbmarathon jeder und jedem dankbar, die uns Läufer angefeuert haben!! Von der Stimmung war Linz ein supertolles Rennen. Man läuft durch die wunderschöne Altstadt, unzählige Leute feuern einen an, und unterwegs gibt es Live-Musik, die pusht. Durch den Wasserwald hat mich das Lied "Ghostbusters" gerettet, das aus dem Soundblaster getönt hat, den sie netterweise für die Läufer hingestellt haben.
Eines mache ich aus Stolz beim Marathon nicht: Gehen. Ich bin immer nur bei den Laben gegangen, so lange ich getrunken habe (also so zehn Sekunden), und nach km 42, weil ich irrtümlich dachte, dass ich schon im Finish sei (Notiz an mich selber: Finishes sind immer daran erkennbar, dass sie irgendwie fett und groß markiert sind, z.B. mit einem Luftbogen, und daran, dass nachher Leute herumstehen und eine Labe o.dgl. dort ist! Offensichtlich war ich schon ziemlich gehirntot)... es ist ja ein Marathonlauf und kein Marathongeh. Vor allem hätte ich psychologisch größere Schwierigkeiten, meinen Körper zum Laufen zu überreden, wenn ich einmal gehe - dann ist es (psychologisch) aus.
Die Familie Eberle hat mich immer wieder total lieb angefeuert, es hat mir sehr geholfen! Roger ist Hobby-Fotograf und hat ein paar wirklich tolle Fotos geschossen.
Langsam, aber glücklich...!
Sehr lieb waren die Leute, die so ab km 38 meinten, jetzt hätten wir es eh nicht mehr weit... :) Mit demselben Trick versuchte ich mich durch Autosuggestion zu motivieren: Nur noch 8 km... nur noch 5... nur noch 2... Die letzten 3 km waren die wohl härtesten letzten 3 km meiner bisherigen Läuferkarriere. Jahr für Jahr blicke ich dem Marathon optimistisch entgegen und unterschätze doch immer wieder die zweite Halbzeit gewaltig.
Der letzte km auf der Hauptstraße von Linz war dann - da ich vorgewarnt worden war - im Vergleich gar nicht mehr so schlimm. Sehr viele Leute haben mich angefeuert, sogar die Bands und Moderatoren auf den Bühnen haben mir zugerufen! Bei km 42 dachte ich irrtümlich, dass ich schon das Ziel überschritten hätte, da ein Pentek-Teppich ausgelegt war. Daher ging ich kurz weiter, bis ich meinen Irrtum realisiert hatte. Dann gab ich nochmal ordentlich Gas, und auf den letzten paar zerquetschten 100m saßen Roger und seine Familie auf der Bühne und haben mich mit ihrem Anfeuern durchs Ziel getragen. Besonders glücklich war ich in dem Moment, dass der Moderator auch gleich meinen Verein genannt hat. :) (Zum Glück war ich nicht in meiner Vereinsuniform unterwegs - da möchte ich dann erheblich bessere Zeiten laufen!!!)
Marathon
4:49:44
Neue persönliche Bestzeit
Rg. 820 - Kl.-Rg. 15 - 2:12:26/2:37:17 - 8.74 km/h - 6:52 min/km
HF Schnitt 169 - HFmax 182
HF Schnitt 169 - HFmax 182
Nach dem Lauf bekomme ich im Ziel eine Finishermedaille, einen Regenmantel und ein hübsches Finishershirt. Als ich bei den Leuten vom Roten Kreuz vorbeihinke, fragt mich einer besorgt: "Ist eh alles OK?" - "Ja, gutes Rennen gehabt ;-)". Im Zielbereich geht ein anderer Läufer an mir vorbei. Wir watscheln beide und müssen total lachen, weil wir beide eindeutig voll k.o. sind und Gehen nicht mehr so einfach ist.^^
Lehren aus dem Lauf:
1. Ein Marathon ist kein guter Wettkampf für Experimente!!
2. Während des Laufes habe ich mich gefragt, wie das wohl sein mag, wenn man einen Ironman läuft. Ich habe das gewissermaßen ein bisschen simuliert: Wie komme ich ins Ziel, obwohl ich schon ab km 13 ziemlich fertig bin?
3. Allgemein hatte ich den Eindruck, dass ich trotz eher mieser Zeit die Marathon-Belastung besser vertragen konnte. Die Trainingspläne von Sebastian (GLA im Winter) und Daniel (Marathon) waren super. Ich habe auf jeden Fall gemerkt, dass mein Körper die Belastung generell besser verkraftet hat als letztes Jahr. (Oder man gewöhnt sich dran, wer weiß.)
4. Ich war total überrascht, dass ich kein einziges Mal aufs WC musste, obwohl ich bei jeder Labe was getrunken habe. Das ist sehr positiv, weil es Zeit spart!
5. Zufrieden bin ich nicht. Aber ich bin sehr dankbar, dass ich gesund bin, keine beleidigten Bänder oder gar Bänderrisse habe und überhaupt fähig bin, einen Marathon zu laufen. Alex K und Sebastian vom Verein sowie Andreas K aus Linz laborieren gerade alle an Verletzungen. Ich wünsche allen eine rasche Genesung! Im Lichte dessen, dass andere Verletzungspech haben, lernt man die eigene Gesundheit mehr zu schätzen. Beim Marathon wurden ein, zwei Läufer von der Rettung aufgelesen. Mir war es immer wichtig, so trainiert zu sein, dass ich beim Laufen keinen Herzkasperl bekomme und das Rennen auf jeden Fall beenden kann.
6. Meine Pulselektrode scheuert (autsch). Für nächstes Mal muss ich schauen, ob man dem vielleicht irgendwie vorsorgen kann.
6. Meine Pulselektrode scheuert (autsch). Für nächstes Mal muss ich schauen, ob man dem vielleicht irgendwie vorsorgen kann.
Ziele:
1. Nächstes Mal möchte ich viel gleichmäßigere HM-Splits haben, dann wird die Zeit sicher auch besser.
2. Wie jedes Mal sudere ich über meine mangelnde Vorbereitung. Ich hoffe, dass ich, sobald ich im Arbeitsleben bin, einen geregelteren Tagesverlauf haben werde, sodass ich mir bei mehr oder weniger regelmäßigen Bürostunden die Trainings leichter einteilen werde können. Einmalige zeitlich sehr fordernde Belastungen wie Prüfungen à la Biochemie 2 werden hoffentlich seltener werden, sodass ich kontinuierlicher und öfter trainieren kann.
3. Ich möchte es nächstes Mal nicht übertreiben und mich an einen 4:30er Pacemaker anhängen. Wenn es mir nach dem HM oder den ersten 30 k total super geht, kann ich ja auf den letzten km immer noch Gas geben. Zu flott wegstarten ist blöd.
Herzlichen Dank an Roger und Familie für die Übernachtungsgelegenheit, das Anfeuern, die tollen Fotos, das herrliche Bad nach dem Wettkampf sowie die köstliche Nudel-Ei-Würstelsuppe!
Bedanken möchte ich mich ebenfalls beim Pacemaker Paul!
Herzlichen Dank an Roger und Familie für die Übernachtungsgelegenheit, das Anfeuern, die tollen Fotos, das herrliche Bad nach dem Wettkampf sowie die köstliche Nudel-Ei-Würstelsuppe!
Bedanken möchte ich mich ebenfalls beim Pacemaker Paul!
And now for something completely different
Bei dieser Gelegenheit gratuliere ich meinen Vereinskolleginnen: Babsi herzlich zu ihrem hervorragenden Resultat beim IM South Africa und Sonja zu ihrer ersten sub 6 min/km Zeit beim 4k Mariahilfer Straßen Lauf!
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